Boxen - Woche 15

Boxen ist nichts für weicheier

Montag ist kein Schontag. Dieses Motto nimmt Manne ernst. Und wenn Manne etwas ernst nimmt, dann geraten alle um ihn herum ins Schwitzen. So viel habe ich in den ersten zehn Minuten schon gelernt. Manne lässt uns Runde um Runde um den Boxring laufen. Wir kreisen mit den Armen, ziehen die Knie hoch, sprinten. Dann klatscht Manne in die Hände: Einmal Klatschen bedeutet Liegestütz, zweimal Klatschen bedeutet Hinsetzen und wieder aufspringen. Und wieder Sprinten. Dann Sprünge mit einem doppelten Fauststoß nach vorne. Burpees. Sprinten. Liegestütz. Sprinten.

 

Umkippen.

 

 

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Intervallläufe und Kraftübungen - Allein das Aufwärmtraining beim Boxen ist schon Sport genug

Jedenfalls bin ich kurz davor. Ihr habt das ja sicher auch schon mal gehört, dass Boxen das härteste Training überhaupt sein soll. Und meine Kollegin Annelen hat mich vorgewarnt, bevor sie mich zu ihrem Training in den Boxclub Kurze Rippe mitgenommen hat. Jetzt weiß ich auch, warum. Mein Kopf ist tomatenrot, mir rinnt der Schweiß in Strömen von der Stirn. Ich bin völlig fertig - und dabei ist es erst das Aufwärm-Training. Manne sieht aus dem Augenwinkel, dass aus meinem Sprint inzwischen mehr ein Vor-mich-hin-schleppen geworden ist: "Weiter, weiter. Oder bist du schon eingeschlafen?"

Eine Kulisse wie aus einem Box-Film

Manne heißt eigentlich Manfred Gebauer. 201 Kämpfe als Amateur. 175 gewonnen. DDR-Meister im Halbschwergewicht. Olympia-Fünfter im Mittelgewicht. EM-Dritter im Mittelgewicht. Und dieser Mann scheucht mich heute durch die Gegend. Immer nach dem Motto "Quäl dich du Sau." Aber dabei zuckt ein kleines Lächeln in seinen Mundwinkeln. Genau die Art Tritt in den Hintern, die ich mag. Inzwischen haben wir aufgehört zu laufen, jetzt quälen wir uns auf der Stelle. Liegestütze. Manne korrigiert meine Haltung, ich breche zusammen. Kniebeugen. Die Oberschenkel brennen. Rückentraining. Manne ruft "Nicht das Lächeln vergessen." Es reicht gerade noch für ein verzerrtes Grinsen.

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Bandagen - Schutz für Kapseln und Gelenke

Weiter geht es mit dem Springseil. Wir hüpfen, reißen die Knie hoch und die Seile pfeifen durch die Luft. Ein paar mal verheddere ich mich, insgesamt läuft es aber gar nicht so schlecht. Manne kommt vorbei und nennt mich 'Supertalent'. Dann grinst er. "Warten wir mal ab, wie es dir in zwanzig Minuten geht!" Ihr könnt es euch denken. Ich gerate mehr und mehr aus der Puste, mein Shirt klebt am Rücken. Ich bin aber nicht die Einzige, die schwitzt. Auch die anderen Mädels und Jungs sehen verdammt gut aufgewärmt aus. Das Publikum ist eine gute Mischung aus Männern und Frauen, Studenten, Azubis und Berufstätigen, Jung und Alt. Keine Schlägertypen, sondern Menschen, die aussehen, als hätten sie Bock auf Sport. So wird auch auf der Homepage des Boxclubs Kurze Rippe geworben: "Egal wie alt sie sind, Mann oder Frau, schlank oder kräftig. Keiner lacht über den anderen, wenn's mal nicht so klappt. Keiner schlägt ihnen auf die Nase." Dass hier jeder trainineren kann, macht mir den Club sympathisch. Fitness- und Hobbyboxer, Amateure und Profis. Die kleine Halle ist tapeziert mit Boxpostern. Arthur Abraham hängt da, genauso wie Rocky Balboa. In der Mitte der Boxring. Genauso hatte ich mir eine Box-Schule vorgestellt. Als hätte sie ein Regisseur für einen Rocky-Film dekoriert. Schwere gusseiserne Gewichte liegen in einer Ecke. Und von der Decke hängen schwere Sandsäcke. Die sind heute mein Ziel.

Boxen sollst du! Bam! Bam! Bam!

Manne stattet mich mit Boxhandschuhen aus. Bevor ich die anziehe, umwickelt er meine Hände mit Bandagen: Hangelenke, Kapseln und Mittelhand sollen geschützt und stabilisiert werden. Dann startet das Intervalltraining. Wir stehen immer zu zweit am Sandsack, abwechselnd boxen wir immer wieder eine Minute lang.

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Boxen ist komplexer als erwartet

Manne erklärt mir erstmal die richtige Haltung. Kurze Schrittstellung. Handschuhe ans Kinn. Nicht die Füße drehen. Nicht die Schulter vorschieben. Dafür geschmeidig mit den Fauststößen hin und her bewegen. Begeistert boxe ich auf meinen Boxsack ein. Dann fällt mein Blick in den Spiegel. Ich stehe im Hohlkreuz, wie ein Fragezeichen. Manne biegt mich wieder zusammen: "Mach dich rund, schütz dein Gesicht. Und hör auf, den Boxsack zu schieben. Boxen sollst Du. Bam, Bam, Bam." Die Rundenuhr piept laut, mein Trainingspartner ist dran. In seinem Rücken sehe ich jeden einzelnen Muskel arbeiten. Unermüdlich boxt er auf den Sandsack ein. Oben, unten, linker Haken, rechter Haken. Wie ein Uhrwerk. Ich beschränke mich erstmal auf gerade Fauststöße. Immer wieder korrigiert Manne meine Haltung und meine Bewegungen. Boxen ist deutlich schwieriger, komplexer als ich erwartet hatte. Mir fehlt noch die Schnelligkeit, die Leichtfüßigkeit und das Gefühl für die Bewegungen. Aber es macht trotzdem großen Spaß. Ich hüpfe vor dem Sandsack hin und her, linke Faust, rechte Faust. Wieder und wieder und wieder. So langsam merke ich es auch in den Fäusten, die Knöchel brennen und die Gelenke werden schwächer. Egal. Weitermachen, Durchhalten, Schweinehund in den Hintern treten.

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Klammern zum Ausruhen geht auch beim Boxen auf den Sandsack

Ich bin schon weit über meinem Limit, was Kraft und Kondition angeht. Immer häufiger umarme ich erschöpft den Sandsack. Jetzt weiß ich auch, warum Boxer so oft klammern: Die wollen sich ausruhen! Aber genauso wie die Ringrichter geht auch Manne direkt dazwischen. "Weiter, weiter - Jammern kannst du später. Los, letzte Runde!" Was? Noch eine Runde? Oh nein, bitte nicht! Mit letzter Kraft boxe ich gegen den großen, schweren Sandsack. Manne zählt die letzten Sekunden runter: "5,4,3,2,1 - Fertig. Handschuhe aus." Zum Glück hilft er mir dabei. Meine Fingern zittern unkontrolliert. Mein Shirt ist klatschnass geschwitzt. Meine Haare kleben am Kopf. Mein Herz wummert. Mit der linken Hand hebe ich die zitternde Rechte hoch, um Manne ein High Five zu geben. "Fürs erste Mal hast du das ganz gut gemacht!" Ich grinse glücklich vor mich hin. Was für ein geiles Training!

Fazit: Wer schwitzen mag wird boxen lieben

"Lernen sie das Gefühl kennen, richtig etwas getan zu haben." Das schreibt der Boxclub Kurze Rippe auf seiner Homepage. Und es ist nicht zu viel versprochen. Anderthalb Stunden am Limit, den Kreislauf auf Hochtouren bringen und am Sandsack mal alle überschüssige Energien rauslassen. Einfach! Nur! Großartig! Wer nicht zum Sparring will, muss das nicht. Fitnessboxen nennt sich die Alternative - und ich bin sicher: Nach ein paar Monaten mit Manne wird selbst die größte Couchpotatoe fit. Ihr merkt, ich bin ziemlich begeistert vom Boxen. Was für ein krasses, gutes Training! Wenn ihr also mal richtig schwitzen wollt, seid ihr bei Manne und der Kurzen Rippe gut aufgehoben!

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Box-Trainer Manne - Sympathische Motivation mit Arschtritt und Humor

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