Women's Run in Köln

Ich bin aufgeregt. Verdammt aufgeregt und ziemlich hibbelig. Denn ich will fünf Kilometer am Stück laufen. Und das habe ich schon ziemlich lange nicht mehr gemacht. Außerdem bin ich bisher davon überzeugt, dass ich eher für Kraftsport geeignet bin, als für Ausdauersport. Aber: Für Woche 32 wage ich mich ans Laufen. Raus aus der Komfortzone - was man nicht probiert, kann man nicht lernen.

Fast 9.000 Motivationswunder

Zur Motivation habe ich mich für den Women's Run in Köln angemeldet. Die Laufstrecke geht am Rhein entlang, die Teilnehmer-Shirts sind pink und es geht mehr ums Mitmachen und um Zusammenhalt, als darum, wer am Ende die Schnellste ist. Also in jeder Hinsicht genau das richtige für mich. Zum Frühstück gibt's noch Müsli mit Joghurt und Früchten, um die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Dann steige ich zusammen mit meiner Freundin Julia in die Bahn und mache mich auf den Weg. Julia ist schon Halbmarathon gelaufen - sie begleitet mich netterweise zur Motivation. Passend zu unserem Motto auf den Teilnehmershirts: "Motivationswunder".

Schon bei der Startnummern-Ausgabe sauge ich die Atmosphäre in mich auf. Aufgeregt hole ich meinen Umschlag ab. Ich bin Startnummer 3679. Mit zittrigen Fingern pinne ich den Zettel mit vier Sicherheitsnadeln vorne an mein Shirt. Noch schnell das Motivations-Haarband übers Cap ziehen und den Zeitmess-Chip am Schuh befestigen. Das Outfit steht und wir machen uns auf den Weg in "Women's Village". Verschiedene Sponsoren haben hier ihre Stände aufgebaut - Sportbekleidung, Fitness-Zeitschriften, ein Milchprodukte-Hersteller. Es gibt viel zu gucken - auch bei den anderen Teilnehmerinnen. Viele haben sich kreativ verkleidet, mit Tüllröcken, pinken Perücken, Krönchen und Haarreifen mit Traubenzucker-Deko. Und auch ein paar Männer haben sich in den Frauenlauf geschummelt - laufen aber brav mit Rock und Perücke. Zehn Minuten vor dem Startschuss wandern wir zum Block für die "Laufeinsteigerinnen." Um mich herum ein Meer von Pink. Aus dem Startbereich wummern laute Bässe, alle springen, jubeln, klatschen und freuen sich darauf, dass es gleich los geht. Mein Herz klopft jetzt tatsächlich vor Aufregung. Ich hüpfe auf der Stelle auf und ab und bin total mitgerissen von der euphorischen Stimmung um mich rum. Der Countdown startet: "5...4....3....2....1! Go!" Die pinke Masse um mich herum setzt sich langsam in Bewegung.

Laufen vor dem schönsten Panorama der Welt

Die ersten Meter gehen nur in Tippelschritten, dann verteilen sich die Läuferinnen auf der Strecke. Ich gebe hochmotiviert Gas, merke aber schnell: Das Tempo werde ich nicht durchhalten. Julia tritt für mich etwas auf die Bremse, damit ich meinen Rhythmus finden kann. Locker joggen wir am Rheinufer entlang und genießen das Panorama der Kölner Altstadt mit dem Dom auf der gegenüberliegenden Seite. In der Ferne sehe ich die Deutzer Brücke. Da müssen wir drüber. Und dann alles wieder zurück. Kurz erschrecke ich: Man, ist das noch weit. Eine Samba-Truppe lenkt mich schnell wieder ab. Die wummerden Trommeln bringen mich zurück in den Rhythmus und ich laufe motiviert weiter.

Women's Run Köln 2017 Rhein Dom Panorama Joggen Laufen

Motto beim Women's Run: Alle für eine!

Wir erreichen die Brücke und es geht ein Stück bergauf - schnell bin ich aus der Puste. Julia ruft: "Los, los komm!". Mein Motivationswunder zieht mich hinter sich die Brücke rauf. "Wie weit sind wir schon?" schnaufe ich. "Fast zwei Kilometer" rufen mir ein paar pinke Mädels beim Überholen zu. Und klatschen in die Hände, damit ich nicht aufgebe. Alle um uns rum sind wirklich nett. Überall höre ich aufmunternde Worte, sehe Frauen, die sich gegenseitig motivieren, quatschen, lachen und notfalls auch einfach mal zusammen ein paar Schritte gehen. So viele verschiedene Menschen sind hier unterwegs - groß, klein, alt, jung, dick, dünn, langsam, schnell. Und ich bin ein Teil davon. Als es die Brücke wieder runter geht und ich mit Schwung auf die 2-Kilometer-Markierung zulaufe, weiß ich: Ich schaffe das.

Laufen macht glücklich

Zum Glück kommt nach der Hälfte der Strecke der Vepflegungsstand. Julia und ich schnappen uns einen Becher Wasser und biegen auf die Altstadt-Promenade ab. Hier steht relativ viel Publikum und es ist wirklich unglaublich motivierend, wenn man am Rand in lächelnde Gesichter schaut und Jubel hört. Besonders schön ist, dass wir eine Freundin im Publikum entdecken. Ihr Jubel gibt Kraft für die letzten zwei Kilometer. Um auf die zweite Brücke zurück auf die andere Rheinseite zu kommen, müssen wir noch eine Treppe hoch. Die Oberschenkel brennen und ich komme ganz schön außer Atem - aber dank Julias Anfeuerungsrufen bleibe ich nicht stehen.  "Laufen macht glücklich", sagt Julia. "Wirst schon sehen nachher!" Auf der Brücke fängt es an, leicht zu regnen. Ehrlich gesagt ist der kurze Schauer ganz schön wohltuend für mein rotes, heißes Gesicht. Am Ende der Brücke treibt uns wieder die Sambatruppe an. Ein paar Wendungen und Biegungen müssen wir noch laufen, dann ist plötzlich das Ziel in Sicht.

Zieleinlauf mit Gänsehaut

Wir können die laute Musik hören und den Jubel. Richtig viel Publikum steht dort und mein Herz macht einen Freudenhüpfer. Gleich sind wir da. Ich laufe durch das Tor und auf einmal verschwindet alles in einem riesigen Glücksgefühl. Links und rechts Menschen, die mit Fähnchen winken und johlen. Der Moderator ruft: "Ihr seid Heldinnen!" Um mich rum ist alles pink und wie auf Kommando geben wir alle auf den letzten Metern nochmal richtig Gas. Ich hab überall Gänsehaut. Wahnsinn, was für ein Gefühl. Ich habe es tatsächlich geschafft. Ich laufe durch den Zielbereich und falle Julia in die Arme! Kreischend hüpfen wir auf und ab. Und ich höre Julia nur noch rufen: "Jetzt kommt der Halbmarathon!" Hui. Warten wir es ab. Jedenfalls weiß ich jetzt, dass ich Laufen doch ziemlich toll finde. Ich strahle über beide Ohren und habe wohl das erste Runner's High meines Lebens. Wir stoßen mit alkoholfreiem Weizen an, bekommen unsere Finisher-Tasche und lassen uns unsere Urkunden ausdrucken. Gute 41 Minuten habe ich gebraucht. Für den ersten 5-Kilometer-Lauf bin ich total zufrieden damit. Und beschließe hochmotiviert: Beim nächsten Women's Run bin ich auf jeden Fall wieder dabei. Dann ja vielleicht auf den 8 Kilometern.

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